Swap Americano oder Chinesischer Hafen: Südamerika steht an einer strategischen Weggabelung

Von unserem Gastautor Oscar Armanelli

Die mittelgroßen Staaten Südamerikas – insbesondere Argentinien – stehen an einer strategischen Weggabelung: Wollen sie einen Finanz-Swap mit den Vereinigten Staaten eingehen  – und damit die kurzfristige Lösung ihrer Finanzkrisen – oder wollen sie chinesische Investitionen in Logistikinfrastruktur (z. B. Häfen) zulassen, die sie mit dem Pazifik und dem asiatischen Handel verbinden würden.

Die USA versuchen eine Zuspitzung in dieser Frage zu entschärfen: Am 14. Oktober erklärte der US-Vertreter Scott Bessent, dass die US-amerikanische Finanzhilfe nicht daran geknüpft sei, den Währungsswap mit China zu beenden. Auf die Frage, ob Argentinien China aus seinen wirtschaftlichen Beziehungen ausschließen solle, präzisierte er jedoch dann, dass sich die US-Bedenken „insbesondere auf Häfen, Militärbasen und Beobachtungsanlagen beziehen, die in Argentinien errichtet wurden“.

Als Beispiel für ein Verschieben von Paradigmen kann der Megahafen von Chancay (Peru) angeführt werden, der gegenwärtig von der chinesischen Reederei COSCO Shipping errichtet wird. Dieses Projekt gilt als Modell für eine neue geopolitische Logistikordnung in Südamerika.

Im Lichte der intensiven sino-amerikanischen Rivalität, insbesondere in Südamerika, erlaubt  eine „heterodoxe Autonomie“ es Peru, so wie es Juan Carlos Puig formuliert, eine für einen mittleren Staat verlockende Strategie, die eine Politik der gleichzeitigen Kooperation und strategischen Opposition, die sich keiner Großmacht vollständig unterordnet. In der Praxis formulieren die Vereinigten Staaten ihr Angebot als ein Nullsummenspiel: Entweder ein finanzielles Swap-Abkommen und strategische Ausrichtung auf Washington, oder chinesische Infrastrukturprojekte – mit dem Risiko geopolitischer Spannungen.

Die eigentliche Spannung liegt somit zwischen Autonomie und Ausrichtung. Ein kurzfristiger finanzieller Rettungsanker mag eine ökonomische Krise abwenden, kann jedoch langfristig die strategische Konnektivität und Souveränität gefährden. Somit geht es um folgende zentrale Implikationen: Logistik und Konnektivität werden zu Schlüsselfaktoren der südamerikanischen Geopolitik. Für Staaten mittlerer Größe wie Argentinien ist die Wahl zwischen Partnern nicht nur wirtschaftlicher, sondern vor allem strategischer Natur: chinesische Infrastrukturinvestitionen – gegebenenfalls mit entsprechenden Risiken für eine Abhängigkeit von China – versus finanzielle Abhängigkeit von den USA. Obwohl eine koexistente Balance beider Großmächte theoretisch wünschenswert wäre, macht ihre systemische Rivalität diese Option in der Praxis nahezu unmöglich.

So konzentrieren sich die politischen Optionen auf die Fragen:

– Welche Priorität soll ein Land wie Argentinien setzen: die Überwindung der kurzfristigen Finanzkrise oder die Sicherung langfristiger logistischer und handelspolitischer Vorteile?
– In welchem Maß kann strategische Souveränität bewahrt werden, wenn Großmächte ihre Unterstützung in Form von Ausrichtungsbedingungen definieren?
– Welche verdeckten Kosten entstehen – sei es durch chinesische Infrastruktur oder durch amerikanische Finanzhilfen – in Bezug auf Einfluss, Wertschöpfungsketten und politische Handlungsspielräume?

Die Koexistenz beider Modelle wäre die ideale Strategie, die Rivalität der beiden Großmächte macht diese jedoch, vermutlich absichtlich, nahezu unmöglich.

Unser Autor ist Oscar Armanelli, ein pensionierter Brigadegeneral der argentinischen Streitkräfte. Bis zu seiner Pensionierung im Januar 2025 war er Dekan der argentinischen Armeefakultät. Er gilt als Spezialist für internationale Beziehungen, vergleichende politische Analyse und Landesverteidigung. Er promovierte in Politikwissenschaft an der Universität Belgrano (Buenos Aires). Er besitzt einen Master- und einen Doktortitel in Landesverteidigung von der Nationalen Verteidigungsuniversität.

Er besitzt einen Master-Abschluss in Friedenssicherungseinsätzen vom Chilenischen Armee-Kriegskolleg in Santiago, Chile.

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