Zum Schicksal der Ukraine – und Europas Unterjochen durchsetzen! Unterjochen in Kauf nehmen? – Unterjochen verhindern!

Dr. Klaus Olshausen, März 2025

Zusammenfassung

Seit Putins Namensartikel im Sommer 2021 ist klar, dass er die Ukraine als Territorium Russlands eingliedern und das Land in seinem Sinne unterjochen will. Noch ist es ihm nicht gelungen, doch mit Donald Trump als Präsident der USA steigt seine Siegeszuversicht. Trump will den Krieg beenden, weil es eine seiner zentralen Wahlparolen war und weil er seine Vorstellungen einer Kooperation mit Russland umsetzen möchte.

Europa und seine Partner benötigen einen eigenen Plan für einen Waffenstillstand und anschließende Verhandlungen über einen fairen Friedensplan. Gegenüber Putin muss klar Stellung bezogen und gegenüber Trump deutlich gemacht werden, dass eine souveräne und integre Ukraine eine unverzichtbare Voraussetzung für eine dauerhafte europäische Sicherheitsordnung ist. Das erfordert entschlossenen Einsatz gegen den Aggressor und eine Strategie, um Trump für ein freies Europa mit der Ukraine im nationalen Sicherheitsinteresse der USA zurückzugewinnen. Die USA wollen und müssen sich strategisch dem Pazifik zuwenden. Daher muss Europa, möglichst gemeinsam mit den USA, den Aggressor jetzt stoppen. Jede Verzögerung bei der Eindämmung oder Verhinderung imperialer Expansion wird Europa und Nordamerika exponentiell höhere Lasten, Leiden und Kosten aufbürden.

Analyse

„Ob es dir gefällt oder nicht, meine Schöne, du musst es erdulden.“ Mit diesen obszönen Worten eines provokativen Liedes, das die Vergewaltigung eines toten Mädchens besingt, formulierte Präsident Putin drei Tage vor seiner brutalen Invasion der Ukraine sein völkerrechtswidriges Ziel in erschreckender Klarheit. In Anlehnung an seinen Namensartikel vom Juni 2021 machte er mit teuflischem Lächeln deutlich, dass er die Ukraine annektieren will.

Drei Jahre später hat er sein Ziel (noch) nicht erreicht. Doch seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump zeigt Putin neue Siegeszuversicht.
Mit Trump ist ein Egomane und Narzisst ins Weiße Haus eingezogen, der bereits in den ersten sechs Wochen seiner Amtszeit sowohl innen- als auch außenpolitisch massiv agiert, um seine Wahlversprechen rücksichtslos umzusetzen. Dies gilt nicht nur für innenpolitische Fragen, sondern auch für außenpolitische Herausforderungen. Putins Angriffskrieg – den Trump bis heute nicht so nennt – scheint für ihn zweitrangig zu sein. Sein Fokus liegt darauf, Kriege zu beenden und die USA aus bewaffneten Konflikten herauszuhalten.

Dass Putin die Ukraine nicht nur besetzt und bekämpft, sondern als eigenständigen Staat vernichten will, ist zumindest Trumps Beratern bekannt. Dennoch zeigen alle bisherigen Schritte des US-Präsidenten, dass er bereit ist, sein Verhältnis zu Putin zu verbessern – sowohl im geopolitischen Dreieck mit China als auch in Fragen der nuklearen Abrüstung und wirtschaftlichen Kooperation, insbesondere in Bezug auf Bodenschätze.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Trump und sein Team vor jeglichem Verhandlungsprozess militärische, politische und ökonomische Zugeständnisse von der Ukraine und ihren europäischen Partnern verlangen. Dazu gehören:

  1. Die Hinnahme der russischen Besetzung ukrainischer Gebiete auf unbestimmte Zeit.
  2. Die einseitige Absage an eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, entgegen aller NATO-Gipfelbeschlüsse seit 2008.

Trump nimmt die Unterwerfung wichtiger Gebiete der Ukraine in Kauf und verweigert selbst einer verbliebenen Restukraine Sicherheitsgarantien gegen erneute russische Angriffe.

Welche Zugeständnisse Trump von Putin fordert, um die Kampfhandlungen zu beenden und einen „Trumpschen Frieden“ zu etablieren, ist unklar. Doch die Tatsache, dass er bereits laufende militärische Unterstützung der Ukraine aussetzt und nachrichtendienstliche Kooperation stark einschränkt, zeigt, dass er dem legitimen Verteidiger weitere Nachteile zufügt und damit Putins Handlungsoptionen verbessert.

Wenn Trump bereit ist, die Ukraine zu opfern und damit Russlands imperiale Ansprüche zu ermutigen, stellt sich die Frage, wie er einen solch prekären Frieden als politischen Erfolg verkaufen will. Denn sein oberstes Ziel in der Außenpolitik ist es, Schlachten zu gewinnen.

Fazit:

  • Putin will die Ukraine unterjochen und zerstören.
  • Trump und sein Team würden eine Unterwerfung der Ukraine als Teil eines Deals mit Russland in Kauf nehmen, insbesondere mit Blick auf China und nukleare Abrüstungsverhandlungen.
  • Europa muss Trump durch den Aufbau eigener Stärke und massive Unterstützung der Ukraine entgegenwirken und ihn als Verbündeten für ein verteidigungswertes Europa zurückgewinnen. Falls dies nicht gelingt, muss Europa selbstständig handeln, um die Unterjochung des zweitgrößten Landes Europas zu verhindern.

Wer imperiale Stürme der kommenden Jahrzehnte eindämmen oder verhindern will, muss den russischen Aggressor so früh wie möglich stoppen. Jede Verzögerung dieser Aufgabe wird Europa und Nordamerika exponentiell höhere Lasten, Kosten und Leiden auferlegen.

Autor: Generalleutnant a.D. Dr. Klaus Olshausen war von 2006 bis 2013 Präsident der Clausewitz-Gesellschaft. Zuvor war er Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO, bei der WEU und EU, HQ NATO, Brüssel.

Die in diesem Text geäußerten Ansichten und Meinungen sind die des Autors und entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung der gesamten Redaktion.

Der Beitrag wurde im Original für das ISPSW – Institut für Strategie- Politik- Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) – verfasst.