Trump – Selenskyj – Putin: zum Schicksal der Ukraine
Trump – Selenskyj – Putin: zum Schicksal der Ukraine
Drei Namen, drei Präsidenten, drei Persönlichkeiten, die in den kommenden Monaten ein entscheidendes Dreieck bilden, das auf den Fortgang, ja Ausgang des russischen Angriffskrieges durch Gegeneinander, partielles Miteinander oder bei Trump mit Distanz zum Krieg maßgeblichen Einfluss nehmen kann. Während Selenskyj und Putin seit fast drei Jahren unmittelbar auf das Geschehen auf dem Gefechtsfeld und den Fortgang des Krieges einwirken, wird Trump erst in den kommenden Monaten politisch und nach dem 20 Januar 2025 praktisch die weitere Entwicklung beeinflussen oder prägen können.
Was Putin will, vorhat und langfristig erreichen will, ist bekannt: Die Ukraine wieder Russland einzugliedern. Und solange er das nicht erreichen kann muss man davon ausgehen, dass er seinen imperialen Aggressionskrieg mit praktizierter Brutalität weiter fortsetzt. Alle seine Ziele sind illegitim und viele Handlungen von ihm und seinen Streitkräften sind eine Anhäufung von weiteren schwerwiegenden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In den Tagen nach der Wahl Trumps wurde nicht nur ein angebliches Gespräch zwischen Trump und Putin dementiert. Das Außenministerium und Lawrow selbst bestätigten die Ziele in der Ukraine. Ein Beginn von Friedensgesprächen kann, so Lawrow, erst und nur erfolgen, wenn der Westen seine Unterstützung der Ukraine einstellt. Und Putin besteht nicht nur auf seinen Maximalzielen in der Ukraine besteht, sondern macht auch deutlich, dass er an einer neuen Weltordnung arbeitet vor allem mit Xi’s China. In diese Töne hinein kann Olav Scholz – nun als Kanzler ohne Mehrheit – mit seinem Anruf nicht erwartet haben, dass seine Forderungen, Putin solle seine Truppen zurückziehen und das Bombardieren ziviler Ziele beenden, bei diesem etwas anderes hervorrufen, als erneut seine illegitimen Ziele zur Voraussetzung jedes Gesprächs zu machen. So nutzt der Anruf Putin, weil „man“ mit ihm telefoniert. Scholz‘ Anruf wird so wirkungslos bleiben wie der im Februar 2022. Denn seine Worte sind und werden nicht mit Maßnahmen verbunden, die Putin beeindrucken, geschweige denn sein aggressives Handeln ändern könnten. Die einzigen, die er „beeindrucken“ kann, sind viele in seiner Partei und vielleicht bei BSW und AfD. Ob er beim G20 Gipfel damit punkten kann, um einen „gerechten und dauerhaften Frieden“ voranzubringen, erscheint mehr als fraglich.
Präsident Selenskyj hat schon beim G20 Gipfel im November 2022 seine zehn Punkte als Friedensplans der Ukraine vorgestellt. Sie sind legitim im Gegensatz zu Putins Zielen. Zwei entscheidende sind die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine und die Verfolgung der vielen Kriegsverbrechen, die dokumentiert werden. Leider blieb und bleiben die Unterstützung der Ukraine einerseits und Maßnahmen gegen den Aggressor Putin andererseits zu gering, um Wege zur Wiederherstellung der internationalen Ordnung, die ständig betont wird, erfolgreich zu öffnen. Die Gespräche von US-Außenminister Blinken mit seinen Kollegen der EU und der NATO in Brüssel haben in beide Richtungen keinen Durchbruch gebracht. Selenskyjs Aussagen am Samstag zu einer diplomatischen Lösung im nächsten Jahr zielen gewiss auf massive Unterstützung des Westens und anderer Staaten und keine eigenen Angebote von Gebietsverlusten.
Und nun wird der 45. Präsident der USA, Donald Trump, der die Wahl am 5. November mit großem Vorsprung gewonnen und auch die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus erreicht hat, der 47. Präsident der USA. Er wird mit seiner künftigen Administration entscheiden müssen, mit welcher Politik er Putins Angriffskrieg und dessen weiterreichenden Zielen für eine Dominanz über das westliche Europa von Lissabon bis Wladiwostok entgegentreten wird. Seine im Wahlkampf häufig wiederholte Aussage, er könne/werde diesen Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, lässt (noch) offen, ob er eigene geo-politische Ziele für die Sicherung amerikanischer Sicherheitsinteressen an seiner ostwärtigen Gegenküste des Atlantiks verfolgen wird. Dabei ist noch nicht klar erkennbar, ob und in welcher Weise er und seine Administration sich den illegitimen Zielen Putins entgegenstellen werden und inwieweit er bereit ist, die legitimen Ziele der Ukraine im Sinn der Wiederherstellung der internationalen Ordnung durch materielle und finanzielle Maßnahmen voranzubringen.
Putin hat Donald Trump mit Verzögerung gratuliert und die Bereitschaft zum Dialog, ja einem „reset“ der beiderseitigen Beziehungen bekundet. Danach folgen aber eine Reihe von Vorbedingungen: Erstens die Aufhebung der Sanktionen, zweitens die Einstellung der militärischen Unterstützung der Ukraine. Außerdem macht der Kreml-Sprecher klar, dass sich an den Zielen Russlands in der Ukraine nichts geändert hat. Putin mag zeigen wollen, die Hand zum Dialog auszustrecken, aber gleichzeitig klarzumachen – nach innen wie nach außen, keines seiner Maximal-Ziele in der Ukraine und darüber hinaus aufzugeben.
Selenskyj hatte Trump im September in New York zu einem Gespräch in getroffen. Beide bewerteten das Gespräch positiv. Man sei sich einig, der Krieg müsse beendet werden. Trump bezeichnete das Treffen als „großartig“ und lobte Selenskyj. Er betonte, er habe auch ein gutes Verhältnis zu Putin. Daraus schloss er, dass „wir – nach dem Wahlsieg – „das Problem sehr schnell lösen werden“. Unstrittig ist, dass die USA für den Fortgang und den Ausgang des russischen Krieges eine wesentliche, ja entscheidende Position einnehmen. Mit Trump als nächstem Präsidenten muss sich herausstellen, ob er mit seiner Administration den legitimen Zielen der Ukraine und der gemeinsamen westlichen Unterstützung der Ukraine auf allen Gebieten, eben auch militärisch zugewandt bleibt. Wird die aufopferungsvolle Selbstverteidigung der Ukraine (endlich) als Teil einer „Vorneverteidigung“ für das „freie Europa“ gegen das imperial auftretende Russland Putins beurteilt? Dann sollte die Administration die Unterstützung – vielleicht in veränderter Form – fortsetzen. Die NATO-Staaten, die EU und die Partner sind aufgefordert, Trump, die Mitarbeiter in seiner Administration und die Mehrheit im Kongress zu überzeugen, dass Putins imperiale Ambitionen so früh wie möglich gestoppt werden müssen. Das offensichtliche Ziel Putins, die USA aus Europa heraus zu drängen, sollte Trump und seiner außenpolitischen Crew klar machen, dass die politische, ökonomische, aber auch militärische Präsenz Amerikas an der atlantischen Gegenküste ureigene nationale Interesse der USA sicherstellt. Das war die Entscheidung der USA angesichts einer offensiven Sowjetunion seit den späten 1940er Jahren. Und eine Politik der Zurückweisung und Eindämmung sollte umso mehr Richtschnur bleiben angesichts einer revisionistisch, ja imperialistisch vorwärts drängenden Russischen Föderation.
Sollte Trump seinem Handlungstrieb entsprechend im Ukraine Krieg einen „Deal“ statt einem fairen und gerechten Frieden im Auge haben, dann gilt es, ihm klar zu machen, dass jedes Zugeständnis zu illegitimen Zielen oder Teilzielen Putins für diesen nur die Basis bildet, von der aus er seine weiteren Ziele unter günstigeren Ausgangsbedingungen vorantreiben wird. Jede Verzögerung dem Aggressor mit der „Vorneverteidigung“ in der Ukraine wirkungsvoll entgegenzutreten, wird nur dazu führen, ihn später mit noch viel größerem Aufwand zurückweisen zu müssen.