Ein Kommentar von Dr. Klaus Ohlshausen
Im Februar hatte ich die ersten Schritte von Präsident Donald Trump, „das Töten in der Ukraine (irgendwie) zu beenden“, als Zeichen gewertet, dass er bereit ist, Putin entgegen zu kommen und die Ukraine unter Druck zu setzen. Also ganz in der Richtung, dass der „Stärkere“ belohnt wird und der Schwächere, der in diesem Fall auch noch von einem selbst abhängt, zu Zugeständnissen gedrängt wird. In diesem Fall ginge das über ein „München 2.0“ hinaus, da Donald Trump eigene politische und wirtschaftliche Interessen mit dem Aggressor im Auge hat.
Das Geschehen rund um die russische Aggression gegen die Ukraine in den vergangenen Monaten vermittelte unterschiedliche Eindrücke. Einerseits Trumps Druck auf Selenskyj, einem bedingungslosen Waffenstillstand zuzustimmen, andererseits, Putins Ablehnung dieses Waffenstillstandes, solange die Ukraine Putins Maximalforderungen nicht anerkennt.
Das hat in den letzten Wochen zwar zu kritischeren Tönen Trumps gegenüber Putin geführt, einschließlich der Androhung drastischer Sekundär-Sanktionen z.B. gegen Indien, Brasilien und China mit Blick auf deren russische Ölimporte, die gegen Indien diese Woche mit einer Frist von 21 Tagen auch beschlossen worden sind. Dass die Frist für andere am 8. August verstrichen ist, wird ganz im Stile Trumps – von seinen Geräuschen über das bevorstehende Treffen in Alaska übertönt.
Was zeichnet sich nach bisherigem Kenntnisstand ab:
1. Trump ist bereit, den Aggressor – wie schon durch Verteidigungsminister Hegseth im Februar verkündet – mit ukrainischen Gebietsabtretungen und Ausschluss eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu „belohnen“.
2. Trump wird nach seinen Absprachen mit Putin Selenskyj unter Druck setzen (also München 2.0) die Verabredungen mit Putin über Dritte und Europa zu akzeptieren.
3. Die Regierungen der europäischen NATO- und EU-Staaten werden vielleicht vorab Hinweise erhalten und an der ein oder anderen Steele Akzente einbringen können. Aber letztlich sind auch sie in keiner starken Position, einen Waffenstillstand, der aus Sicht der Ukraine und Europas einer Kapitulation gleichkommt, zu verhindern.
Alle drei Punkte weisen die Elemente eines Jalta 2.0 auf. augenöffnend in diesem Sinn ist auch die Wahl des Ortes. An keinem anderen Ort der Erde sind sich Russland und die USA näher und weiter entfernt von der Ukraine und Europa.
Auf diese Entwicklungen gibt es vielfältige Äußerungen.
Die erste Kritik entfacht die Tatsache, dass Trump einen mit Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gesuchten Aggressor als Staatsgast empfängt.
Die zweite besteht darin, dass Trump seinen Vorschlag eines Dreier-Gesprächs mit Selenskyj wegen Putins Weigerung sofort aufgegeben hat. Ein Hinzuziehen nach dem Zweier-Treffen kann man nur als ein verschärftes Minsk III einordnen.
Die dritte bezieht sich darauf, dass keine detaillierte Abstimmung weder mit der Ukraine noch mit Verbündeten und Partnern in Europa stattgefunden hat oder noch geplant ist. Es ist offen, ob und welchen Einfluss Ergebnisse aus Gesprächen europäischer Staaten auf Einladung von Keir Starmer auch mit Vizepräsident JD Vance noch haben können.
In den Tagen vor dem Treffen in Alaska muss man festhalten, dass die Ukraine nach ihren Rückeroberungen im Jahr 2022, militärisch in die Defensive geraten ist und weitere Gebietsverluste – trotz kontinuierlicher Gegenwehr – hinnehmen musste. Der politische Zweck der G7 und des Europäischen Rates (noch im Juni 2025), den Weg zur regelbasierten internationalen Ordnung mit einer souveränen, freien Ukraine in ihren Grenzen von 1991 zu ebnen, büßt mit dem derzeitigen Vorgehen von Trump jede Glaubwürdigkeit ein.
Der Ukraine selbst und allen Unterstützern ist es in den letzten drei Jahren – als nach allen statistischen Werten Russland in jeder Hinsicht überlegene Mächtegruppe – mit zu wenigen und unzureichend wirksamen Sanktionen sowie mit politischen und militärischen Mitteln nicht gelungen, den Aggressor Putin in eine Position zu bringen, wo er für seine weitreichenden politischen Zwecke nicht nur die Unwahrscheinlichkeit, sondern einen zu großen Preis eines Erfolges erkennt und sein „Motiv zum Frieden“ steigt.
Nun verdichtet sich im Gegenteil mit Trump und den innenpolitisch gebremsten Europäern im „Westen“ die Auffassung, dass die Ukraine und alle Unterstützer sich geringere politische Zwecke setzen müssen. Denn weder hat die Ukraine ihre personellen Ressourcen für die Streitkräfte ausschöpfen können, noch wollten die Unterstützer ihre Prämisse aufgeben, sie könnten den Aggressor zurückweisen, ohne „eigene Schmerzen“ hinnehmen zu müssen.
So zeichnet sich ab, dass in Alaska vielleicht ein Waffenstillstand erreicht werden soll, der aber schon viele Elemente einer Friedensregelung zu Ungunsten der Ukraine aufnimmt mit drastischen Auswirkungen auf das freie Europa.
Von den Europäern und einer viel beschworenen Koalition der Willigen sind keine überzeugenden Initiativen erkennbar, den Waffenstillstand ohne russische Bedingungen durchzusetzen. Sollte Trump einen Waffenstillsatan à la Putin akzeptieren, wird er nur Bestand haben, wenn die europäischen Unterstützer mit dem „back up“ der USA klarmachen, dass jedes erneute Aufflammen der Kämpfe zu Lande und in der Luft nicht nur die Gegenwehr der Ukraine, sondern auch derjenigen Staaten auslöst, die nach den Beschlüssen des G7-Gipfels bereits 2023 und 2024 Sicherheitsvereinbarungen mit der Ukraine abgeschlossen haben.
Geschieht dies nicht, wird Putin jede „Pause“ nutzen, um sich auf die nächsten Akte der Unterjochung und Vernichtung der Ukraine vorzubereiten als entscheidenden Schritt seine Eurasismus-Dominanz voranzutreiben.
Über den Autor: Generalleutnant a.D. Dr. Klaus Olshausen war von 2006 bis 2013 Präsident der Clausewitz-Gesellschaft. Zuvor war er Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO, bei der WEU und EU, HQ NATO, Brüssel. Dr. Olshausen gehört dem Fachbeirat des Sicherheitsforum Deutschland und ist Mitbegründer dieser Initiative.
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